Mehr Musik in der Besamungs-Branche

June 15, 2018 | Author: Anonymous | Category: N/A
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ZUCHT

Mehr Musik in der Besamungs-Branche Das Monopol der deutschen Besamungsstationen ist weg. Kommt jetzt mehr Wettbewerb in den Markt? Können die Bauern profitieren?

S

inkende Spermapreise, besserer Service und mehr Beratung. Das alles könnte das neue Tierzuchtgesetz für die deutschen Rinderhalter bringen, denn Ziel ist, mehr Wettbewerb am Besamungsmarkt zu schaffen. Bei rückläufigen Kuhzahlen dürfte der Kampf um Marktanteile unter den deutschen Besamungsstationen und mit den Importeuren jetzt weiter zunehmen.

parenz am Markt verloren gehe. Die Tierhalter müssten künftig sehr genau aufpassen, welche züchterische Qualität der angebotene Samen der ausländischen Station habe und objektive Preisvergleiche ziehen, so die Warnung. Daneben besteht seitens der Verbände die Sorge, dass die Datenqualität im Herdbuch leidet, weil künftig jeder Züchter, der Fremdsperma einsetzt, selbststän-

dig für die Eintragung der Abstammungen verantwortlich ist. Während die norddeutschen Stationen den Wegfall der Besamungserlaubnis als wichtigen Schritt zur Entbürokratisierung werten, sehen die bayerischen Organisationen darin eine Gefahr für die Fleckviehzucht, da nun keine Mindestzuchtwerte mehr vorgeschrieben sind.

Übers. 1: Deutsche Zucht- und Besamungsbranche

j 2 885 Mitglieder j ca. 130 000 EB

j 6 831 Mitglieder j 230 511 EB

SCHLESWIGHOLSTEIN

Was sich ändert ■ Besamung: Jetzt dürfen Besamungsstationen, die bereits in anderen EU-Ländern oder Vertragsstaaten zugelassen sind, Sperma direkt an deutsche Landwirte abgeben. Damit wurde das Monopol der deutschen Stationen für den Spermahandel und die Besamung abgeschafft. Die deutschen Stationen sind im Gegenzug aber nicht mehr verpflichtet, importiertes Sperma auszuliefern. Die staatliche Besamungserlaubnis mit Mindestzuchtwerten entfällt komplett. ■ Zucht: Zuchtverbände aus anderen Mitgliedsstaaten können jetzt auch in Deutschland tätig werden. Das gilt ebenso für Techniker, die in anderen EU-Ländern ausgebildet wurden. ■ Leistungsprüfung: Künftig sind die Organisationen für die Zuchtwertschätzung und Leistungsprüfung verantwortlich. Der Staat will sich bis Ende 2013 aus der Finanzierung verabschieden.

Wie reagieren die Organisationen? Die deutschen Zuchtverbände und Besamungsorganisationen sehen die Zulassung ausländischer Stationen und Verbände kritisch. Sie fürchten um das züchterische Niveau, weil angeblich die Trans-

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j 712 Mitglieder j 173 441 EB

MECKLENBURG-VORPOMMERN j 4 190 Mitglieder j 163 427 EB

BREMEN Verden und Meißen j 8 500 Mitglieder CHSEN j 600 000 EB

Hannover

j 2 658 Mitglieder j 45 199 EB

j 830 Mitglieder j 73 709 EB

NORDRHEINWESTF

Bonn

j 13 500 Mitglieder j 422 058 EB

PFALZ

SACHSENANHAL

j 6 150 Mitglieder j 163 427 EB

Friedrichsdorf

j 793 Mitglieder j 135 147 EB

SAARLAND

j 5 628 Mitglieder ADEN-WÜRTTEMBERG j 403 460 EB

j Mitglieder = HB-Betriebe j EB = Erstbesamungen

Frankfurt/Oder

Dresden

Bad Kreuznach

Stuttgart

j 774 Mitglieder j 180 000 EB

j 10 YERN Besamungsstationen j 1 766 900 EB

LBR

j 15 Zuchtverbände j 21 933 Mitglieder München

Verden und Meißen

CHSEN

Bundesweit gibt es derzeit noch 27 Zuchtverbände und 22 Besamungsstationen.

An der geplanten Privatisierung von Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung hat nur Bayern bis zuletzt Kritik geübt. In den anderen Bundesländern wurden die staatlichen Zuwendungen in den letzten Jahren ohnehin bereits stark gekürzt. Sie befürchten eher, dass es jetzt innerhalb Deutschlands noch stärkere Wettbewerbsverzerrungen geben wird, weil die reichen Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg den Staat zur Weiterfinanzierung ermächtigen werden. Zustimmung in der Branche findet lediglich, dass der Prüfeinsatz stärker reglementiert wird und ungeprüfte Jungbullen (Super Sampler) nicht mehr zugelassen sind.

Mehr Wettbewerb zwischen den deutschen Stationen? Die große Frage ist, welche Auswirkungen die Öffnung des Marktes auf die deutschen Strukturen haben wird und ob sich die einheimischen Stationen jetzt gegenseitig mehr Wettbewerb liefern werden. Können die deutschen Bauern künftig

Vor allem die Eigenbestandsbesamer profitieren vom neuen Gesetz, weil sie künftig direkt mit Sperma beliefert werden dürfen. Fotos: Heil, S. Lehnert (2), privat (3) (wie in Holland oder Italien) völlig frei wählen, von wem sie ihr Sperma beziehen? Nach außen hin wollen die deutschen Organisationen den „Frieden“ untereinander gerne aufrecht erhalten: „Wir liefern in andere Gebiete weiterhin nur über die bestehenden Stationen aus. Denn es wäre für uns viel zu aufwändig, eine eigene Logistik aufzubauen“, erklärt Dr. Johannes Aumann, Besamungsverein Neustadt/Aisch. Seine Kollegen sehen das ähnlich, sodass bereits entsprechende Vereinbarungen zwischen einzelnen Organisationen getroffen worden seien. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus, und es ist davon auszugehen, dass jetzt insgesamt mehr „Musik“ in den Markt kommt. So ist z. B. die Rinderproduktion Niedersachsen (RPN), die heute zur Masterrind gehört, seit mehreren Jahren in Brandenburg tätig und liefert auch Sperma ins RUW-Gebiet. Kein Geheimnis ist auch, dass die OHG Betriebe in Nordrhein-Westfalen beliefert hat.

Gerade in Bayern, wo Zucht und Besamung noch getrennt organisiert sind, haben sich einzelne Stationen in den Randbezirken schon immer Konkurrenz gemacht. Sobald Milcherzeuger mit den Serviceleistungen ihrer Station nicht zufrieden waren, wurde diese Lücke schnell von anderen besetzt. So ist die Rinderbesamungs-Genossenschaft Memmingen seit einiger Zeit mit einem Techniker im RBW-Gebiet tätig. Die private Station Meggle beliefert im Gebiet der Besamungsstation Grub die Holsteinzüchter mit Sperma. Umgekehrt liefert Grub ins Landshuter Gebiet. Durch den hohen Anteil an Eigenbestandsbesamern war Baden-Württemberg schon immer ein lukratives Ziel für andere Stationen. So werden einige schon seit längerer Zeit von der Besamungsstation in Grub beliefert, obwohl die RBW den Bauern mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 2 000 E droht. Grub lässt sich davon aber offensichtlich nicht beirren. Auch in Zukunft soll der Kundenwunsch im Mit-

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Dr. Jürgen Hartmann, RUW, Münster

Michael Wenzlau, Alta Deutschland

telpunkt stehen: „Wo der Weg über die Stationen nicht oder nur schwer möglich ist, beliefern wir die Betriebe direkt“, erklärt Geschäftsführer Dr. Thomas Grupp. Viele Experten rechnen damit, dass künftig verstärkt über Fusionen und Kooperationen geredet wird. Das jüngste Beispiel ist der Zusammenschluss von Nordrind mit dem Sächsischen Rinderzuchtverband zur Masterrind. „Die deutschen Organisationen müssen und werden noch enger zusammenrücken, um im In- und Ausland geschlossen auftreten zu können“, erwartet Dr. Carl-Stephan Schäfer von der ADR in Bonn. Vor allem in Bayern, wo es noch 10 Besamungsstationen und 15 Zuchtverbände gibt, könnte es in den nächsten Jahren eine Strukturbereinigung geben (Übersicht 1): „Die

Dr. Johannes Aumann, BVN, Neustadt/Aisch

Zahl der Erstbesamungen geht kontinuierlich zurück. Daher müssen wir verstärkt als Dienstleister auftreten und unser Angebot besser bündeln, um weiterhin kostengünstig arbeiten zu können, z. B. durch eine bessere Abstimmung der Zuchtprogramme“, so Walter Kraft von der Rinderbesamungs-Genossenschaft Memmingen.

Importeure greifen an Für deutlich mehr Bewegung im Markt werden die Importeure sorgen. Sie haben ihre Marktanteile im Holsteinbereich kontinuierlich ausgebaut, vor allem bei den Eigenbestandsbesamern und in den großen Betrieben im Osten (s. Übers. 2). Die deutschen Organisationen sehen

das gelassen: „Wir stehen seit Jahren mit den Importeuren im Wettbewerb und sehen uns sehr gut positioniert. Die Landwirte haben von uns immer jedes Sperma bekommen, das sie wollten. Das wird auch in Zukunft so bleiben“, meint Dr. Alfred Weidele von der Rinderunion Baden-Württemberg in Herbertingen. Auch Dr. Jürgen Hartmann, RUW Münster sieht die deutschen Stationen im Vorteil, obwohl gerade er durch den Streit mit WWS Germany (s. S. R 11) die ersten Auswirkungen der Liberalisierung zu spüren bekommt: „Durch unser Technikernetz, den Service, die Logistik, die EDV und die sehr konkurrenzfähigen Preise sind wir gegenüber den Importeuren im Vorteil.“ Gerade im viel gefragten mittleren und unteren Preissegment seien die deutschen Stationen gegenüber den Importeuren unschlagbar. Die deutschen Organisationen spekulieren auch darauf, dass Importeure ohne eigenes Vertriebsnetz ihre bestehenden Kooperationen mit den etablierten Verbänden ohnehin nicht leichtfertig aufs Spiel setzen werden. Die größten Gewinner des neuen Gesetzes sind die Eigenbestandsbesamer und große Betriebe im Osten, weil sie direkt von mehreren Anbietern mit Sperma beliefert werden können. Sie werden noch stärker mit Preisnachlässen und Rabattaktionen umworben werden. Alle anderen Rinderhalter werden unter Umständen künftig nicht mehr so ein-

Übersicht 2: Die wichtigsten Spermaimporteure in Deutschland

Firma Spermaherkunft Eigentümer

Sitz in Deutschland Geschäftsführer Mitarbeiter

ABS Deutschland USA u. GB Genus (ABS), Herzog v. Westminster (Cogent)

Alta Deutschland Kanada, USA, Niederlande Alta Genetics Inc.

CRI Genetics USA

Holland Genetics Semex Deutschland Niederlande, Kanada, Schweiz Schweden genossenschaftl. CRV Holland Semex Alliance (67 %), Holding RPN (33 %) Altenberge Damme (NDS) Verden (NDS) (NRW)

Schleswig (SH)

Uelzen (NDS)

Michel Ruijter

Michael Wenzlau Hubertus Wasmer 25 Außendienst- 1 Bürokraft ler, 5 Bürokräfte

Axel Escher

ca. 300 000

keine Angabe

Zest y, Intruder, Lucky Mike

Toystory, Digmann, Lynch,

2 Außendienstler

Verkaufte keine Angabe Portionen/Jahr Aktuelle Bolton, Shottle, Bullen Shaker (gesext)

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WWS Germany USA, Italien, Dänemark Dr. Hubertus Diers

Altenberge (NRW)

Martin Eistrup, Martin Buschsieweke 20 Außendienstler, 2 Marketing, 2 Bürokräfte

16 Außendienstler, 7 Techniker, 4 Tierärzte, 2 Bürokräfte

ca. 265 000

ca. 210 000

ca. 200 000

Fortune, Olympic, Classic PS

Goldwin, Talent, Final Cut

Zenith, Calano, Elayo-Red

17 Außendienstler, 2 Bürokräfte

Dr. Hubertus Diers

„Wir sind flexibler als die Stationen“

Durch Vorteile bei Service und Preis hat das vierköpfige Besamungsteam Ostfriesland regen Zulauf (v. l. n. r. Andy Bruns, Hermann Schmitt, Udo Richter, Edgar Diekmann). „Wir beraten die Bauern kompetent und objektiv, liefern jeden Bullen und bieten unseren Service 365 Tage im Jahr an. Außerdem sind wir pro Portion um bis zu 6,50 E günstiger als die etablierten Stationen“, zählt Besamungstechniker Hermann Schmitt die Vorteile des Besamungsteams Ostfriesland auf. Der ehemalige Mitarbeiter des Vereins Ostfriesischer Stammviehzüchter (VOSt) hat sich 2003 bundesweit als erster Besamungstechniker selbstständig gemacht. Mittlerweile ist aus dem Ein-Mann-Betrieb ein vierköpfiges Besamungsteam entstanden, das auf eigene Rechnung in rund 250 Betrieben (ø 50 Kühe) in Ostfriesland und im WeserEms-Gebiet arbeitet. Der Spermabezug läuft über die Besamungsstation Göpel Genetik. Die Techniker setzen neben dem Sperma von Göpel hauptsächlich ausländische Genetik ein, weil sie von den deutschen Stationen nicht beliefert werden: „Sie sprechen nicht mit uns und beliefern uns auch nicht“, bedauert Udo Richter, der früher zum ET-Team beim VOSt gehört hat. Man könne zwar auch mit ausländischer Genetik alle züchterischen Wünsche der Kunden erfüllen, würde ihnen aber auch gern Sperma deutscher Bullen anbieten oder sich am Testbulleneinsatz deutscher Zuchtprogramme beteiligen. Für die Kunden, in der Mehrzahl Mitglieder beim VOSt, sei das aber kein Problem: „Wer deutsches Sperma

will, lässt den Techniker vom Verband kommen“, erklärt Richter. Der Boykott durch die Stationen ist nicht der einzige Punkt, der die Techniker in ihrer Arbeit behindert: „Die Besamungsmeldungen müssen immer erst über Göpel zum VIT in Verden geleitet werden. Durch eine direkte Meldung könnten unnötige Meldefehler vermieden werden“, ist sich Andy Bruns sicher. Vom neuen Tierzuchtgesetz erwartet das Team kaum Erleichterungen für seine Arbeit: „Die Betriebe werden auch in Zukunft nicht mehr Wahlfreiheit haben, weil die Stationen ihre Mitglieder durch Auflagen binden werden“, so die Einschätzung. Ein wenig stolz sind sie dennoch darauf, im Markt etwas bewegt zu haben: „So mancher Techniker tritt jetzt motivierter auf und die besseren wurden bewusst in unsere Gebiete versetzt“, berichtet Udo Richter. Zudem glauben sie, Preiserhöhungen beim VOSt verhindert zu haben. Das Team kann sich über den Zulauf neuer Kunden nicht beschweren. Das liegt u.a. daran, dass gegenüber den Stationen keine Anfahrtskosten berechnet werden und Spermaportionen von Topbullen durchschnittlich 3 E günstiger sind als bei der Station. Insgesamt kann ein Preisvorteil von bis zu 6,50 E erzielt werden. Edgar Diekmann: „Wir könnten über den Landkreis hinaus expandieren und suchen deshalb noch kompetente, motivierte Techniker.“ -sl-

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fach jeden Bullen bekommen, wenn die Stationen die Auslieferung von Wettbewerbsbullen verweigern. So kommen freie Techniker bisher nur über Umwege an deutsches Sperma. Die ersten Stationen versuchen den Einsatz von Importsperma auch durch satte Preisaufschläge zu verhindern. Die RUW verlangt z.B. 4 E Aufschlag für Abstammungsmeldungen von Tieren aus

Sperma, das nicht von der RUW ausgeliefert wurde. Die Gebühr wird mit dem nötigen Datentransfer, der Bereitstellung der Datenbank und dem höheren Aufwand für die Kontrolle der Abstammungen begründet. Vor allem die Züchter werden damit benachteiligt. Dass einige daher den Verband wechseln werden ist wahrscheinlich und in der Branche auch nicht neu: Betriebe vom Niederrhein sind

„Das Gesetz bedroht unsere Station“

Karl-Heinrich Göpel aus Herleshausen übt massive Kritik am neuen Tierzuchtgesetz. „Das neue Tierzuchtgesetz bedeutet nicht nur für uns als private Besamungsstation, sondern auch für die Landwirte erhebliche Einschränkungen und Benachteiligungen“, kritisiert Karl-Heinrich Göpel, der im hessischen Herleshausen eine Besamungsstation mit 40 Bullenplätzen betreibt. Von der Kopplung des Testbulleneinsatzes an ein Zuchtprogramm ist seine Station besonders betroffen, weil dort damit die eigenen hornlosen Bullen nicht mehr getestet werden könnten. Außerdem wären auch die Lohnabsamungen von jungen Bullen für Züchter oder für ausländische Stationen nicht mehr möglich, weil ihm die Mitgliedschaft in den Zuchtverbänden verweigert wird. Göpel kritisiert auch, dass bereits die ersten Herdbuchverbände (RUW) durch Gebühren Preisvorteile der Wettbewerber zunichte machen würden: „Hinzu kommt, dass die Landwirte schon heute nicht mehr das Sperma bekommen, das sie wollen.“ Göpel hat sich seit der Gründung der Station fast daran gewöhnt, dass ihm immer wieder Steine in den Weg gelegt werden: Von Beginn an wurde ihm die Mitgliedschaft in den deutschen Tier-

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zuchtorganisationen verweigert (DHV, ADR, VIT). Selbst aktuelle Töchterlisten seiner Bullen bekommt er vom VIT mit Verweis auf den Datenschutz nicht, da die LKV’s und Zuchtverbände ihre Zustimmung verweigern. Trotz der Hindernisse läuft das Geschäft nicht schlecht: Gemeinsam mit drei Mitarbeitern verkauft Göpel derzeit pro Jahr rund 85 000 Spermaportionen von Holstein- und Fleischrinderbullen. 95 % des Fleischrinderspermas stammt von hornlosen Bullen, bei den Holsteins sind es etwa 25 %. Mittlerweile geht ein großer Teil der hornlosen Genetik in den Export, z. B. nach Österreich oder Holland. „Die Nachfrage steigt, weil immer mehr Betriebe die arbeitswirtschaftlichen Vorteile hornloser Tiere sehen“, erklärt Göpel. Die bis zu 3 E günstigeren Spermapreise für denselben Bullen verschaffen ihm weitere Vermarktungsvorteile. Göpel weiß, wie er auf die Wettbewerbsverzerrungen reagieren will: „Wir überlegen einen Zuchtverband zu gründen. Außerdem werden wir den Service für die Eigenbestandsbesamer ausbauen und die Zusammenarbeit mit freien Technikern und Tierärzten intensivieren!“ -sl-

schon vor einiger Zeit aus Unzufriedenheit von der RUW ins Herdbuch Pfaffenhofen (Bayern) gewechselt. Offen ist, ob es sich für die ausländischen Anbieter rechnet, bundesweit ein Netz mit freien Technikern und Tierärzten aufzubauen, die in ihrem Auftrag besamen. Experten rechnen damit, dass es durch den Zugang von ausländischen Technikern gerade bei der Dienstleistung „Besamung“ in Zukunft deutlich mehr Wettbewerb geben wird und dass die Preise sinken.

Importeure fühlen sich benachteiligt Die ausländischen Anbieter sehen sich durch das neue Tierzuchtgesetz immer noch nicht mit den deutschen Stationen gleichgestellt: „Wir haben jetzt zwar den direkten Zugang zu den Höfen. Aber so lange nicht geklärt ist, wie und unter welchen Bedingungen unsere Abstammungsdaten künftig in die Herdbücher gelangen, können wir die Möglichkeiten nicht ausschöpfen“, erklärt Michael Wenzlau von Alta Deutschland. Martin Eistrup von Semex sieht das ähnlich: „Vermutlich werden unsere Besamungsdaten nicht ohne Sondergebühren in die Herdbücher eingetragen. Von einem freien Wettbewerb kann dann keine Rede mehr sein.“ Die offenen Fragen sind ein Grund dafür, dass sich die Importeure mit ihren Plänen bedeckt halten: „Wir halten an der Zusammenarbeit mit den bestehenden Herdbüchern und Stationen fest. Allerdings nur solange das für uns nicht in einer Einbahnstraße mündet, zum Beispiel, wenn Verkäufe von Semex-Sperma blockiert werden“, betont Martin Eistrup. Bei Alta will man die Zusammenarbeit mit der OHG und der RBW beibehalten. Axel Escher von Holland Genetics will die Durchführungsverordnung abwarten, bevor er reagiert: „Unabhängig davon werde ich aber weiter mein Verkäufernetz in Deutschland und Österreich ausbauen.“

top agrar meint Das neue Tierzuchtgesetz will allen Anbietern am Markt einen fairen Wettbewerb ermöglichen. Profitieren sollen davon die Bauern. Die etablierten Verbände und Stationen haben als Eigentümer der Herdbücher und mit ihren Technikernetzen noch viele Möglichkeiten, sich unliebsamen Wettbewerb vom Hals zu halten. Doch mit Auflagen und Zusatzgebühren werden sie ihre Mitglieder nicht halten können. Denn wer sich langfristig Marktanteile sichern will, muss den Bauern guten Service zu günstigen Preisen liefern. S. Lehnert

Besamungs-Krieg im Westen

Dr. Hubertus Diers ist mit dem neuen EU-anerkannten Spermadepot in Altenberge sehr flexibel in der Belieferung seiner Kunden. Hubertus Diers, Geschäftsführer von WWS Germany, bekommt die Chancen aber auch die Härten des neuen Tierzuchtgesetzes besonders zu spüren: Nach einem Streit mit der Rinder-Union West in Münster über Vermarktungsrechte und Mindestumsätze musste er sich von heute auf morgen neue Vertriebswege suchen, da die RUW nicht mehr bereit war, sein Sperma auszuliefern. Kurzerhand hat sich Diers Techniker und Tierärzte gesucht, die auf Provisionsbasis für WWS besamen. Mittlerwei-

le arbeiten für ihn im RUW-Gebiet sieben Besamungstechniker und vier Tierärzte. Die Techniker sind selbstständig und bei Göpel Genetik unter Vertrag. Gleichzeitig hat er die Zahl der Verkäufer auf bundesweit 14 erhöht. Das Geschäft läuft offenbar gut: „Ich bin sicher, dass wir in diesem Jahr 200 000 Portionen erreichen werden“, ist Diers optimistisch. Im RUW-Gebiet hat er seit der Trennung über 30 000 Portionen abgesetzt. Und das, obwohl bereits neue Steine im Weg liegen: Seine Techniker

und Tierärzte kommen oft nur über Umwege an deutsches Sperma, weil sie von der RUW und den anderen deutschen Stationen boykottiert werden. Ein Nachteil ist außerdem der Preisaufschlag bei der RUW für die Eintragung von Abstammungen aus Fremdsperma, das nicht über die Station ausgeliefert wurde: „Diese Gebühr wird ohne jede Grundlage erhoben. Wir werden den Bauern empfehlen, bei anderen Zuchtorganisationen Mitglied zu werden, schließlich müssen sie diese Kosten tragen“, so Diers. Einige seien deshalb bereits aus dem Herdbuch ausgetreten. Dass ungeprüfte Bullen jetzt nicht mehr ohne Teilnahme an einem Zuchtprogramm eingesetzt werden können, kritisiert Diers zwar, hat aber schon eine Lösung: „Wir werden mit einem oder mehreren Zuchtverbänden kooperieren oder einen neuen Verband gründen. Damit könnten wir gleichzeitig die neuen Meldegebühren umgehen.“ Bis es soweit ist, will Diers weiter Verkäufer und Techniker für sich gewinnen: „Wir suchen vor allem im RUW-Gebiet Besamungsbeauftragte und Verkäufer, die unsere Eigenbestandsbesamer beliefern können.“ Die RUW sieht diese Entwicklung gelassen: „Wir haben uns aus rein wirtschaftlichen Gründen von WWS getrennt. Trotzdem bekommen unsere Kunden immer noch jedes Sperma“, erklärt Geschäftsführer Dr. Hartmann. Den frei gewordenen Besamungsbezirk habe man auf die benachbarten Techniker aufgeteilt. -sl-

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